Equal Rides (2011)
Zwölfton-Variationen für Jazz-Quintett
Mit der Komposition Equal Rides
ist mir in mehrfacher Hinsicht ein Durchbruch gelungen. Sie vereint
all das, was mir damals im Kontext von Jazz interessant erschien,
nämlich ungerade Taktarten, anspruchsvolle Rhythmik mit
Groove-Potential, komplexe Harmonik, Virtuosität,
Jazz-Improvisation, freie Improvisation, ein hohes Energielevel,
erweiterte Spieltechniken, kreative Notation und serielle Konzepte.
Ich meinte, in dieser Komposition die Geburt meines persönlichen
Jazz-Stils gefunden zu haben. Entstanden ist sie durch den Vorschlag
Richard Grafs, eine Komposition beim internationalen
Kompositionswettbewerb JAZZON 2011 einzureichen. Da wir uns zu dieser
Zeit im Unterricht mit Dodekafonie auseinandergesetzt hatten, schien
es nur trefflich, diese im Stück zu verwenden. Die seriellen
Rahmenbedingungen machten das Komponieren zu einem kreativen
Puzzlespiel. Ich wusste sofort darin eine fruchtbare Herangehensweise
ans Komponieren, welches mir zu dieser Zeit so plagend mit Willkür
verbunden schien, gefunden zu haben. Ich wandte
die Zwölftontechnik einigermaßen konsequent an, erweiterte jedoch
die Regeln ein wenig, um meine kreative Freiheit nicht zu gefährden.
Das Ziel war ein Stück, das mir gut gefallen sollte, keine
Rechenaufgabe. Die Musik von Gerd-Hermann Ortler, Frank Zappa, Django
Bates, Charles Mingus, Dave Weckel, György Ligeti, Igor Stravinsky
und natürlich Arnold Schönberg, war ebenfalls eine facettenreiche
Inspirationsquelle. Ich lernte, dass ich unter Zeitdruck unglaublich
fokussiert und effizient arbeiten kann. Eine meiner größten
Schwierigkeiten, Stücke zu vollenden, war mit einem klaren Ziel vor
Augen gebannt, was zu großer Erleichterung meinerseits führte. Mit
dem Ergebnis zufrieden, was zu dieser Zeit eine Seltenheit war,
schickte ich die Komposition ein und gewann im Alter von 18 Jahren
den Austrian-Award des JAZZON 2011 Wettbewerbs. Die misslungene
Uraufführung meines Stückes in Novo Mesto zeigte mir, dass das
Einschätzen der Spieler ein wichtiger Teil der Komposition ist und
dass ich, wenn möglich, meine Jazz-Kompositionen lieber mit
ausgewählten Mitmusikern selbst spielen sollte.
Die harmonische Struktur und die Melodien lassen sich großteils aus vier Zwölftonreihen ableiten.
Bei der Zwölftonreihe-3, die das Tonmaterial für den Kontrabass stellt, wurde die Zwölftontechnik insofern erweitert, als dass ich nicht zwölf Töne, sonder sechs Tonpaare, welche in chromatisch absteigenden verminderten Quinten organisiert sind, verwendete. Die Reihenfolge der Noten innerhalb der Tonpaare ist frei wählbar, was verschiedene Basslinien ermöglicht.
Oft werden Tonreihen vertikal
angewandt, wie in den Piano-Akkorden am Anfang des Stückes, in denen
Zwölftonreihe-1 in drei Vierklängen erklingt. Als Kontrast zu den
langen, vollkommen auskomponierten Passagen, gibt es einige Stellen
mit geordneter freier Improvisation, sowie eine
Kollektiv-Improvisation nach den Saxophon-Soli.
Die Akkorde für die Saxophon-Soli basieren auf der in Vierklänge gegliederten Zwölftonreihe-2. Die unterschiedlichen Akkorde sind lediglich Umkehrungen und enharmonische Umdeutungen dieser Vierklänge.
Die rhythmischen Ideen basieren vor-allem auf der polyrhythmischen Schichtung von 7/16 über 7/8. Um genau zu sein: (2+2+3) + (2+2+3) / 16tel über 4+4+3+3 / 16tel. Die Saxophone, Bass und E-Piano folgen äußerst konsequent der 4+4+3+3 / 16tel Gliederung, während das Schlagzeug gelegentlich, wie im folgenden Noten-Beispiel, die zweite rhythmische Ebene hinzufügt,.
Das Tonmaterial des C-Teils ist eine nicht angeführte Zwölftonreihe, nämlich die chromatische Skala. Das Ergebnis ist ein dichtes, furioses, virtuoses und abwechslungsreiches Jazz-Fusion Stück.